Die Christlich-Soziale Union (CSU) begibt sich auf die Suche nach einer geeigneten Agentur zur Gestaltung ihrer Wahlkampfwerbelinie für die ausstehenden Wahlen, namentlich die Bundestagswahl 2017, die Landtagswahl 2018, die Europawahl 2019 und schließlich die Kommunalwahl 2020. Der Aufruf erfolgt durch eine unscheinbare, kurz und knackig gehaltene Email des stellvertretenden Leiters Marketing und Veranstaltungen der CSU und datiert vom 18.04.2016.
Gegenstand des Agenturauftrages soll die „Gestaltung des gesamten Corporate Designs für den Wahlkampf inkl. Claim“ werden. Das ist spannend und eigentlich will doch jeder dabei sein.
Natürlich sollte es auch hier nicht ohne eine regelgerechte Auswahlentscheidung, sprich einen soliden Pitch gehen. Alles andere wäre ja nicht anständig.
Der Zeitplan wirkt ehrgeizig und gibt bereits erste Fragen auf. So heißt es:
„April: Kennenlerntreffen
Anfang Mai: Auswahl der Agenturen für den Pitch
Mitte Mai: Detailliertes Briefing
Ende Mai: Schulterblick (optional)
Anfang Juni: Pitch
Mitte Juni: Entscheidung“
Unklar ist bereits, nach welchen konkreten Kriterien Anfang Mai die „Auswahl der Agenturen für den Pitch“ erfolgt. Denn ein detailliertes Briefing für den eigentlichen, erst im Juni stattfindenden Pitch gibt es ja erst im Anschluss Mitte Mai. In eben diesem Briefing wird dann voraussichtlich auch erst erläutert werden, was ein „Schulterblick“ konkret bedeutet und nach welchen Kriterien die im weiteren Verlauf den Zuschlag erhaltende Agentur ausgewählt wird.
Was der geneigte vorausgewählte Empfänger dieser Email vom 18.04.2016 erfährt, ist immerhin, dass im Rahmen des Pitches eine Präsentation einzureichen ist, deren notwendige Bestandteile umfassen müssen „Gestaltung und Präsentation des Projektes ‚Wahlkampfwerbelinie‘“, „Zuordnung Bundestagswahl 2017/Landtagswahl 2018/Europawahl 2019/Kommunalwahl 2020“, „Entwicklung Claim, Logo und Störer“ und schließlich „Deklinierung der Kommunikations- und Werbemittel für den Wahlkampf in den CSU-Verbänden“. Erklärtes Ziel soll sein: „Am Ende liegt der CSU eine ausgearbeitete Wahlkampf-Werbelinie inkl. Adaption auf die zukünftigen Wahlen mit Deklination aller weiteren Werbemittel vor.“
Und jetzt der Dämpfer: Bis zum 22.04.2016, also bis zum vierten Tag nach Erhalt der auf den Pitch hinweisenden E-Mail sollen Agenturen bereits schriftlich mitteilen, ob sie an einer Präsentation bei der CSU in München interessiert sind und zu diesem Zweck nicht nur Unterlagen zur Agentur, sondern – und jetzt kommt‘s – auch eine erste kurze Skizzierung ihrer Präsentation vorlegen.
Pitchblog meint: Eine solche 4-Tages-Frist verbunden mit der Anforderung, ein komplexes Thema jedenfalls im Ansatz konzeptionell zu durchdenken und auf dieser Grundlage eine Präsentationsskizze zu entwerfen, legt nahe, dass die CSU hier entweder ihre Timeline verpennt hat oder aber nicht im geringsten an einem offenen Pitch unter Teilnahme bislang nicht beauftragter Agenturen interessiert ist. Fazit: Keine Zeit für Nachdenken, Konzeption, Kreativität und neue Ideen – jedenfalls soweit es den CSU-Wahlkampf betrifft. Schade, eigentlich.