Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) plant aktuell eine Kampagne zur Sensibilisierung „nachhaltiger Textilien / Textilbündnis“, die Menschen zum Nachdenken anregen soll, „wo ihre Kleidung herkommt, welches Gesicht hinter dem Kleidungstück steht und wie Alternativen aussehen“. Das Kernanliegen des BMZ ist dabei die Verbesserung der sozialen und ökologischen Bedingungen in der globalen textilen Lieferkette.
Teilnehmer an der Ausschreibung müssen Informationen zur Herangehensweise an die Gesamtkampagne, eine grobe Kampagnenidee und Skizze eines Kampagnenleitfadens sowie einen aufgeschlüsselten Kostenvoranschlag, aus dem sich die unterschiedlichen Kostenpositionen eindeutig und detailliert nachvollziehen lassen, einreichen. Hierbei handelt es sich zunächst nicht um ungewöhnliche Teilnahmebedingungen.
Auffällig sind die sehr knappe Angebotsfrist sowie die ebenfalls unangemessen kurze Umsetzungsfrist. So wurden Agenturen erst am 30.12.2014 angeschrieben und zur Teilnahme an der Ausschreibung eingeladen, sollten jedoch zunächst bereits bis zum 09.01.2015 ihre Angebote einreichen, sodass ihnen de facto, unter Berücksichtigung des dazwischen liegenden Feiertages sowie des Wochenendes, ein Zeitraum von lediglich sechs Werktagen (unter Einbeziehung des 31.12.2014) zur Angebotserstellung blieb. Bei einem am 09.01.2014 erteilten Zuschlag sollte sodann eine vollständige Leistungserbringung bereits bis spätestens zum 31.01.2015 erfolgen. Innerhalb dieser kurzen Zeit sollen persönliche und emotionale Bilder sowie kreative und provokative Slogans erstellt sowie als wiederkehrender Identifikationspunkt der Kampagne ein Gesicht und/oder eine Figur ausgearbeitet werden. Auch ein Kampagnenslogan mit Abbindern, die grafische und textliche Umsetzung von möglichen Maßnahmen wie einer Postkarten-Kampagne, einer Veranstaltung zur Verbreitung des Themas „Nachhaltige/Faire Textilien“, einer Erneuerung der Unterseite „Textil“ auf www.bmz.de sowie der Gewinnung von Testimonials gehören zum umfassenden Leistungsumfang. Weiter fällt auf, dass nach Sichtung sämtlicher Angebote eine abschließende Auswahlentscheidung und der Zuschlag bereits am 09.012015 selbst, also dem Tag des Ausschreibungsendes erteilt werden sollte. Diese unangemessen kurzen Fristen geben Anlass zu der Vermutung, dass hier nur zum Schein unter angeblicher Beachtung des Vergaberechts ausgeschrieben wurde, tatsächlich das BMZ aber überhaupt nicht an einem Eingang möglichst vieler Vergleichsangebote interessiert ist, sondern hinter den Kulissen längst eine Auswahlentscheidung getroffen wurde.
Pitchblog hat deshalb dem BMZ Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und nachgefragt. Die kann wie folgt zusammengefasst werden:
08.01.2015 – 1. Stellungnahme BMZ:
Das BMZ verteidigt die Fristen zunächst als angemessen sowie im Einklang mit dem Vergaberecht.
09.01.2015 – Fristverlängerung:
Als Reaktion auf die Recherche des Pitchblog ist die Angebotsfrist eine gute halbe Stunde vor Ablauf um 10 Tage bis zum 19.01.2015 verlängert worden. Diese Fristverlängerung ist begrüßenswert.
09.01.2015 – 2. Stellungnahme BMZ
Eine zweite Stellungnahme sowie die Verlängerung der Angebotsfrist werfen aber Folgefragen auf: So wird zwar die Angebotsfrist verlängert, nicht aber gleichzeitig auch die Umsetzungsfrist, die sich nunmehr sogar auf weniger als 10 Werktage verkürzt hat.
Obgleich gemäß der Ausschreibung die Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen (VOF) Rechtsgrundlage sein soll, erklärt das BMZ auf Nachfrage, dass dies doch nicht der Fall sei, da der für die Gesetzesanwendung erforderliche geschätzte Auftragswert nicht erreicht werde. Damit setzt sich das BMZ in einen unauflösbaren Widerspruch. Man lehne sich lediglich an „Modelle der VOF“ an, habe aber versäumt, dies hinreichend kenntlich zu machen, worauf man künftig achten werde. Problem: Das BMZ teilte den Ausschreibungsteilnehmern zwar mit, das die Angebotsfrist verlängert wurde, versäumt aber mitzuteilen, dass die kommunizierte Rechtsgrundlage nicht zur Anwendung gelange, sondern allenfalls auf „Modelle der VOF“ zurückgegriffen werde. Auch wird der geschätzte Auftragswert nicht mitgeteilt, sodass seitens der Ausschreibungsteilnehmer nicht nachprüfbar ist, ob eine Anwendbarkeit des VOF zwingend ist oder nicht. Schließlich bleibt unbeantwortet, weshalb das BMZ hinter den gesetzlichen Regelfristen für die Angebotsabgabe von 30 Tagen zurückbleibt, nachdem ein Fall besonderer Dringlichkeit nicht gegeben ist.
09.01.2015 – 3. Stellungnahme BMZ
Das BMZ teilt mit, dass es die weiteren Fragen des Pitchblog zum Anlass genommen hat, die Zentrale Vergabestelle des BMZ um Überprüfung des laufenden Vorgangs zu bitten.
Fazit: In dieser Ausschreibung steckt der Wurm, auch wenn der Versuch einer Korrektur unternommen wurde. Pitchblog empfiehlt daher: Neu ausschreiben!
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