Das Polizeipräsidium Mittelfranken sucht eine Werbeagentur. Doch eigentlich hat die Behörde schon vor Jahren eine gefunden und will diese gelebte Beziehung zum Agenturpartner offenbar nicht durch eine lästige Wettbewerbsausschreibung gefährden. Für die Ordnungshüter im Freistaat ist das kein Problem, sie lässt einfach bei der Ausschreibung für die „Werbekonzeption sowie einer Werbekampagne zur Nachwuchsgewinnung für den Bereich Information und Kommunikation der Bayerischen Polizei“ nur eine einzige Agentur zu.
Die Begründung für die Bevorzugung der Bestandagentur hat es in sich, denn sie führt jegliche Ausschreibung ad absurdum: „Der Auftrag kann nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist.“ Die technische Unzulänglichkeit anderer Agenturen in Deutschland und Europa erklärt das Polizeipräsidium so: „Das auserwählte Unternehmen verfügt aufgrund der Erstellung, der Erschaffung und der Begleitung der ursprünglichen Werbekampagne ‚Mit Sicherheit anders‘ über ein ausschließliches Wissen, welches am Markt ansonsten nicht verfügbar ist … Dieses spezielle Fachwissen kann trotz der Zurverfügungstellung der aktuellen Werbekonzeption nicht an andere Wirtschaftsteilnehmer transportiert werden. Für den Auftraggeber ist es unerlässlich, dass die interne Akzeptanz der Mitarbeiter, als auch die externe Ansprache von Bewerbern sichergestellt ist. Ohne hinreichende Kenntnisse der polizeiinternen Strukturen, der Dynamik des Polizeialltags sowie der individuellen Vielfältigkeit der Mitarbeiter, die dem bisherigen Vertragspartner nur durch eine dreijährige Beobachtung erwachsen ist, erscheint dies nahezu unmöglich.“
Es mag die Bayerische Polizei überraschen, aber der Wechsel einer Agentur ist in marktwirtschaftlichen Systemen ein normaler Vorgang. Es gibt unzählige Kommunikationsdienstleister, die sich innerhalb kürzester Zeit in die Organisationsstrukturen von Unternehmen und Behörden sowie deren besondere Anforderungsprofile und Themenwelten einarbeiten. Sie belegen das tagtäglich mit ihrer Arbeit. Deshalb bestehen zumindest erhebliche Zweifel daran, dass das angesprochene Fachwissen und die Kenntnisse des „zwischenmenschlichen Gefüges der Polizei“ nicht auch auf andere Agenturen übertragen werden kann, ohne dass es einer dreijährigen Beobachtungs- oder Lernphase bedarf bis mögliche Drittagenturen handlungsfähig sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Inhalte auf der Homepage der Kampagne „Mit Sicherheit anders“ (www.mit-sicherheit-anders.de) visuell wie textlich auf eher einfachem Niveau gehalten sind, die spezifisches Hintergrundwissen allenfalls erahnen lassen. Auch das spricht nicht für die postulierte Einzigartigkeit in punkto Kenntnisstand der Agentur – ganz im Gegenteil.
Bei der Ausschreibung geht es immerhin um einen Gesamtwert des Auftrags von 1.260.504,20 Euro ohne Mehrwertsteuer. Schon allein wegen dieser Etat-Höhe hätte es eines offenen Wettbewerbs bedurft und nicht nur eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sowie ohne Aufruf zum Wettbewerb und der bloßen „Freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung“.
Auf Nachfrage verwies das Polizeipräsidium Mittelfranken kurz und abschließend auf ihren ursprünglichen Ausschreibungstext und teilte mit, dass seiner Ansicht nach keine weitere Stellungnahme nötig sei.
Das Vorgehen des Polizeipräsidiums Mittefranken mag formaljuristisch korrekt sein, fairer Wettbewerb sieht jedenfalls anders aus. Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass der Auftraggeber eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Bestandsagentur vorzieht, statt eine offene Ausschreibung durchzuführen. Auch ohne kriminalistischen Spürsinn liegt aus unserer Sicht hier eine gezielte und ungerechtfertigte Wettbewerbsumgehung vor.